Hypnosystemik in der Jugendhilfe
Wo keine Hoffnung ist, können wir sie gemeinsam erfinden
Wie wird ein Fall ein Fall in der Jugendhilfe?
Einfluss der Zuweisungsdynamik zu Beginn einer Maßnahme.
Bei Maßnahmen in der Jugendhilfe haben Klienten bereits eine Vorgeschichte mit verschiedenen Institutionen. Um eine gelingende Maßnahme zu gewährleisten, ist es empfehlenswert, dass die Berater und Betreuer die Vorgeschichte erforschen. Die Zuweisungsdynamik im Erstgespräch spielt eine wichtige Rolle. Es ist entscheidend, ob Klienten sich freiwillig für eine Unterbringung melden oder ob sie zu einer Maßnahme genötigt werden.
Was ist damit gemeint? Es hat einen gewichtigen Einfluss, ob Klienten sich freiwillig für eine Unterbringung melden und die Hilfe eigenmächtig beim Jugendamt beantragen, also etwas an ihrer Situation verändern wollen oder ob sie zu einer Maßnahme genötigt werden und den Prozessverlauf bis zur Unterbringung oder auch darüber hinaus als Restriktion erleben.
Einfluss außenstehender Personen berücksichtigen
Beim Erstgespräch oder bei der Aufnahme in eine Wohngruppe ist es ratsam, die Einflussgröße verschiedener Personen als nicht direkt erkennbare Faktoren zum Hilfeprozess zu berücksichtigen. Der Klient trägt unsichtbar sein Heimatsystem mit sich, das seine Kooperationsbereitschaft im Betreuungssetting beeinflusst.
Dies können Eltern und Familienmitglieder sein, die die Hilfe positiv oder negativ bewerten oder Lehrer, Kinder-und Jugendpsychiater sowie Psychotherapeuten, die eine Notwendigkeit einer stationären Hilfe entgegen der Ansicht der Eltern sehen . Überwiegend sind es Jugendamtsmitarbeiter:innen, die aufgrund ihres Wächteramtes im Sinne der Kindeswohlgefährdung Maßnahmen empfohlen haben oder die Eltern dazu aufgefordert haben diesen zuzustimmen, weil sonst rechtliche Konsequenzen eines Sorgerechtsentzuges nach § 1666 BGB eingeleitet werden. Eltern erleben dies oft als Zwangsmaßnahme und stimmen der Fremdunterbringung oder einer ambulanten Hilfe Zähneknirschend unter Vorbehalt zu.
Mit diesem Hintergrund ist der Grad der Motivation und Kooperationsbereitschaft eher gering und kann bei den Helfern und bei den Klienten zu Frustration führen. Wenn die betreuenden Personen dieses von Ambivalenz geprägte Spannungsfeld nicht berücksichtigen und nicht über entsprechende Handlungsstrategien verfügen, steht die Maßnahme unter keinem guten Stern. Ohnmachtserleben, geringes Selbstwirksamkeitserleben führen zu Widerständen und Kämpfen, die sehr wahrscheinlich zum Abbruch von Maßnahmen führen. Alle Beteiligten sowohl Helfer als auch Klienten in der Maßnahme fühlen sich meist als Verlierer.
Wie die Klient:innen die betreuenden Personen sehen, beeinflusst die Kooperationsbeziehung in de Maßnahme
Sehr oft sehen die Klienten die Betreuer als verlängerter Arm der JA-Mitarbeiter:innen. Nach dem Motto: "Die stecken sowieso unter einer Decke.". So erleben sie die Maßnahme eher als Restriktion und weniger als mögliche Unterstützung zur Bewältigung der aktuell problematischen Lebenssituation.
Wenn die Jugendamtsmitarbeiterinnen vielleicht sogar offene oder verdeckte Aufträge (Hinweise für KWG, um Sorgerechtsentzug einzuleiten) geben, verfestigt sich das Bild, was Klienten von Betreuern haben.
Die Betreuer befinden sich so in einem Dilemma, das den Aufbau eines vertrauensvollen Kooperationssystem zu den Klienten erschwert. Der Umgang mit der berechtigt ablehnenden bis hin zur feindseligen Haltung gegenüber den Betreuer ist zu Beginn einer Maßnahme die größte Herausforderung. Ohne Aufbau einer Kooperationsbasis ist ein positiv gelingender Verlauf einer Hilfe eher unwahrscheinlich.
Transparente Aufgabenverteilung gibt Sicherheit und Orientierung
Für den Klienten muss klar sein, wer welche Rolle hat. Es gibt rechtliche Rahmenbedingungen, die das Jugendamt mit seiner Wächterfunktion zu befolgen hat. So kann also das Jugendamt den Hilfeerbringer beauftragen, bestimmte Aufgaben zu erfüllen, damit das Kindeswohl nicht gefährdet ist. Im Erstkontakt/Erstgespräch ist es sehr bedeutsam, dass das Jugendamt transparent darlegt, dass die Kontrollfunktion beim Leistungserbringer liegt und zu befolgen hat. Die Verantwortung der Kontrolle liegt beim Jugendamt und der Hilfeerbringer hat dies durchzusetzen. Die Kontrollbereiche müssen eindeutig benannt sein.
Im Kontakt zwischen Berater und Klient ist es hilfreich, dass den Klienten das Dilemma vermittelt wird. Zum Beispiel eine Metaebene herstellen, indem über die Situation gesprochen wird und in welcher zwiespältigen Situation sich die helfende Person befindet:
Einerseits möchte ich Sie mit Rat und Tat unterstützen und zu Ihnen einen guten Kontakt haben, andererseits habe ich auch eine vom Jugendamt angeordnete Kontrollfunktion. Wie gehen wir damit um? Sie erleben möglicherweise die Situation als Zwang. Es gibt die genannten (Sind sie Ihnen bekannt?) Teilbereiche, wo ich beauftragt bin, dies zu kontrollieren und auch ans Jugendamt berichten muss, wenn die Notwendigkeiten nicht erfüllt sind.
Dies ist möglicherweise für Sie unangenehm oder auch ärgerlich... Dennoch möchte ich Sie dabei unterstützen, dass Sie Ihre Wünsche und Ziele erreichen können.
Was könnte das denn sein?
Letztendlich frage ich mich, was ich für Sie tun kann, damit Sie mich wieder los werden?
Den Einfluss von Vorerfahrungen der Klient:innen berücksichtigen
Der Aufbau eines kooperativen Beratungsprozesses ist in einem Zwangskontext erschwert, wenn negative Vorerfahrungen bestehen, die die Klienten mit Helfersystemen in der Vergangenheit gemacht haben. Möglicherweise gab es Erfahrungen, dass über sie willkürlich bestimmt worden ist. Vielleicht wurde auf ihre eigenen Bedürfnisse nicht Rücksicht genommen und die Klient:innen hatten vielleicht sogar bereits in der Kindheit nur geringe Selbstgestaltungsmöglichkeiten erlebt.
Die Klienten sind daher sehr sensibilisiert, wenn über sie bestimmt wird, auch wenn es für sie nur den Anschein hat, dass diese Gefahr besteht. Im Kontakt zu betreuenden Personen kann so die Befürchtung aufkommen, dass über sie wiederum bestimmt wird und Rückmeldungen helfender Personen als kränkend erlebt werden oder auch als Restriktion deuten.
Es muss zu Beginn einer Maßnahme aber auch im späteren Verlauf davon ausgegangen werden, dass die Klienten die vergangenen negativen Erfahrungen auf die Betreuer projizieren.
Die Maßnahme als würdevoller Begegnungsraum
Für den Aufbau einer Kooperationsbasis ist es empfehlenswert, die Vorbehalte des Klienten und seine ablehnende Haltung der Maßnahme gegenüber zu würdigen, und dem Raum zu geben. Das Verhalten als Schutzhaltung aufgrund negativer Vorerfahrungen zu verstehen, kann eine sehr hilfreiche Grundannahme sein.
Wenn allerdings dieser innere Schutzmechanismus nicht gewürdigt wird, kann es dazu kommen, dass die Klient:innen die Maßnahme boykottieren und nicht kooperieren.
Andererseits sind die Klienten zu einer Kooperation bereit, wenn die Klienten erfahren, dass ihre Vorbehalte ernst genommen werden und es als verständlich angesehen wird und es für die Betreuer nachvollziehbar ist, indem sie rückmelden, dass die Vorsicht der Klient:innen sinnvoll ist. Widerstand darf sein und er ist ein Signalgeber, dass Klient:in sich nicht verstanden fühlt. Es ist ein Schutzmechanismus, den der/die Klient/in aktiviert, wenn sein/ ihr inneres Gleichgewicht gefährdet ist.
Hierzu einige hilfreiche Fragen, die eine Kooperationsbasis fördert:
Zu Beginn beim Erstgespräch:
- Was können wir für Sie tun?
- Wie kam es dazu, dass Sie heute hier sind?
- Was sind die Erwartungen anderer Beteiligten, was erreicht werden soll?
- Wenn diese Maßnahme gegen Ihren Willen vorgegeben ist, was brauchen Sie, um sich auf die Hilfe einlassen zu können?
- Was würde geschehen, wenn Sie nicht mitwirken würden?
- Wie können wir erkennen, dass Sie sich mit ihren Wünschen und Bedürfnissen nicht gewürdigt sehen?
- Was erwarten Sie von uns, im Rahmen der Betreuung?
- Sie beklagen sich darüber, dass das Jugendamt damit droht, ihre Kinder ihnen wegzunehmen. Was müssten Sie erreichen und umsetzen, dass dies nicht geschieht? Und was kann ich diesbezüglich für Sie tun?
- Was erwarten Sie von mir, wenn mir auffällt, dass die vom Jugendamt geforderten Punkte nicht erfüllt werden?
- Sie befinden sich gerade in einer sehr beklagenswerten Situation, was müssten Sie tun, damit sich die Situation zum Besseren wendet? Und wie kann ich Sie dabei unterstützen?
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